Wenn der Fiskus die Hand aufhält

Wird Vermögen übertragen – gleich ob durch Erbschaft oder Schenkung –, so fällt ab einem bestimmten Wert des übertragenen Vermögens Erbschafts- bzw. Schenkungssteuer an. Dies regelt das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz (ErbStG).

In welcher Höhe Freibeträge bestehen und welcher Steuersatz zur Anwendung kommt, hängt von der verwandschaftlichen Beziehung zwischen dem Erblasser/Schenker und dem Erben/Beschenkten ab.

Vorsorge zu Lebzeiten

Insbesondere der zukünftige Erblasser selbst hat es in der Hand, durch eine Reihe von Gestaltungsmöglichkeiten frühzeitig für eine möglichst geringe Besteuerung seines Nachlasses zu sorgen.

Vor allem sind dabei die bestehenden Freibeträge und die unterschiedlich hohen Steuersätze zu berücksichtigen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang neben der Frage, wer überhaupt erben soll, auch die Höhe des voraussichtlichen Nachlasses und dessen Zusammensetzung.

Bei der Steuerbemessung werden Schenkungen und Erbansprüche zusammengerechnet, wenn sie in einen Zeitraum von maximal 10 Jahre fallen. Bestehende Freibeträge können somit alle 10 Jahre neu ausgeschöpft werden. Gerade bei großen Vermöge kann es sich also lohnen, frühzeitig Teile des Vermögens zu übertragen, um Freibeträge wiederholt ausschöpfen zu können. 

Steuerklassen, Freibeträge, Steuersätze

Steuerklassen

Die Steuerklassen sind in § 15 des ErbStG geregelt. Die Vorschrift finden Sie hier (externer Link):

Freibeträge

Die individuellen Freibeträge sind in § 16 ErbStG geregelt. Die Vorschrift finden Sie hier (externer Link):

Steuersätze

Die anzuwendenden Steuerklassen schließlich sind in § 19 des ErbStG geregelt. Die Vorschrift finden Sie hier (externer Link):

Berechnungsbeispiel

Variante 1: Ein Vater verstirbt im Juli 2019 und hinterlässt seiner einzigen 29 Jahre alten Tochter (nach Abzug von Nachlassverbindlichkeiten) ein Vermögen im Wert von 1 020 000 EUR. Bei der Berechnung der Erbschaftssteuer kann die Tochter nach § 16 einen Freibetrag von 400 000 EUR beanspruchen, so dass ein steuerpflichtiger Erwerb in Höhe von 620 000 EUR verbleibt. Dieser übersteigt die Wertgrenze von 600 000 EUR und ist daher nach Steuerklasse I mit 19% zu versteuern. Die Tochter hat somit Erbschaftssteuer in Höhe von 117 800 EUR zu zahlen.

Variante 2: Der Vater möchte seinen Nachlass nicht unnötig mit Erbschafts-und Schenkungssteuer belasten. Er überträgt daher seiner Tochter bereits im März 2008 nach ihrem 18. Geburtstag im März einen Teil seines Vermögens mit einem Wert von 420 500 EUR. Bei der Berechnung der nun anfallenden Schenkungssteuer kann die Tochter wiederum nach § 16 einen Freibetrag in Höhe von 400 000 EUR beanspruchen, darüber hinaus auf Grund ihres Alters jedoch zusätzlich einen Versorgungsfreibetrag in Höhe von 20 500 EUR. Der steuerpflichtige Erwerb beträgt somit 0 EUR, es fällt keine Schenkungssteuer an.
Beim Tode des Vaters im Juli 2019 hinterlässt er seiner Tochter ein entsprechend geringeres Vermögen im Wert von nun noch (1 020 000 - 420 500 =) 599 500 EUR. Da seit der Schenkung bereits mehr als 10 Jahre vergangen sind, kann die Tochter den Freibetrag nach § 16 in Höhe von 400 000 EUR erneut voll in Anspruch nehmen, so dass nun noch ein steuerpflichtiger Erwerb in Höhe von 199 500 EUR verbleibt. Dieser übersteigt die Wertgrenze von 75 000 EUR und ist daher nach Steuerklasse I mit lediglich 11% zu versteuern. Die Tochter hat jetzt nur noch Erbschaftssteuer in Höhe von 21 945 EUR zu zahlen.

Die insgesamt auf den Erwerb des Vermögens zu entrichtende Erbschafts- und Schenkungssteuer reduziert sich in der zweiten Variante somit um 95 855 EUR, entsprechend rund 81%.